Was sind Blue Zones?
Die Blue Zones sind ein Phänomen in der Demografie und Gerontologie, das Gebiete auf der Welt beschreibt, in denen Menschen signifikant länger und gesünder leben als der Durchschnitt. Der Begriff „Blue Zones“ wurde durch den Forscher und Autor Dan Buettner geprägt, der in Zusammenarbeit mit National Geographik und einem Team von Demografen und Wissenschaftlern diese außergewöhnlichen Regionen (Blue Zones) identifizierte und analysierte. Dieses Phänomen wird auch mit dem Begriff „Longevity“ beschrieben. Es geht hierbei nicht nur um die Lebensdauer, sondern auch um die Qualität dieser Jahre.
Hinweis:
Die Datengrundlage der Blue Zones steht inzwischen in der Kritik. Es scheint gesichert zu sein, dass in den Regionen nur scheinbar viele 100-Jährige leben, weil die Geburts- und Sterbefälle nicht gut dokumentiert werden (mehr dazu im Artikel Blue Zones Mythos). Trotzdem lohnt es sich, einen Blick auf die nach wie vor als besonders gesund geltenden „Blue Zones“ Lebensgewohnheiten zu werfen.
Was ist kennzeichnend für die Bewohner von „Blue Zones“?
Blue Zones zeichnen sich durch eine hohe Konzentration von Personen aus, die das Alter von 100 Jahren bei bemerkenswert guter Gesundheit und einem minimalen Auftreten von chronischen Krankheiten, überschreiten (Longevity).
Wo auf der Welt liegen die Blue Zones und wieviele Blue Zones gibt es?
Derzeit sind 5 Blue Zones bekannt:
1. Blue Zone: Ikaria, Griechenland
Geographische Lage
Die griechische Insel Ikaria im Ägäischen Meer hat ca. 8.000 Einwohner.
Lebensweise und Ernährung
Auf Ikaria leben die Menschen nicht nur außergewöhnlich lange (Ikaria hat weltweit die niedrigste Sterberate bei Menschen mittleren Alters), sondern auch mit bemerkenswerter Vitalität und Lebensfreude. Zudem hat Ikaria eine der weltweit niedrigsten Raten an Demenz. Dan Buettner begründete dies mit der sehr gesunden Mittelmeerdiät basierend auf viel Olivenöl, Gemüse und Fisch. Die Bewohner Ikarias führen die hohe Lebenserwartung auch auf den besonders ausgeprägten Sinn für Gemeinschaft zurück.
2. Blue Zone: Okinawa (Japan)
Die japanische Inselgruppe Okinawa ist berühmt für ihre hohe Konzentration an hundertjährigen Menschen, vor allen Dingen Frauen werden hier oft über 100 Jahre alt. Die Menschen auf Okinawa ernähren sich traditionell mit viel Gemüse, Tofu Süßkartoffeln und Fisch.
Positive Lebenseinstellung und Spiritualität
Die hohe Lebenserwartung und das allgemeine Wohlbefinden der Menschen auf Okinawa ist untrennbar mit dem Prinzip „Ikigai“ verbunden. „Ikigai“ bedeutet wörtlich übersetzt „Lebenssinn“ oder „Grund zum Leben“. Viele Bewohner auf Okinawa haben ein sehr starkes Ikigai. Sie wissen, was Ihnen wichtig ist, was sie antreibt und motiviert.
Soziale Strukturen und Gemeinschaft
Die Bewohner Okinawas leben sehr traditionell in engen Gemeinschaften und arbeiten auch im hohen Alter noch in der Landwirtschaft oder im Handwerk. Auch das Gefühl der Zugehörigkeit zu einer engen Gemeinschaft und die Pflege sozialer Beziehungen sind auf Okinawa sehr stark ausgeprägt. Die Menschen unterstützen sich gegenseitig, teilen gemeinsame Werte und Traditionen und haben oft ein starkes soziales Netzwerk. All diese Faktoren tragen dazu bei, Einsamkeit zu reduzieren und das allgemeine Wohlbefinden zu stärken.
Das Konzept des Ikigai – das Streben nach einem Lebenssinn – ist eng mit der hohen Lebenserwartung der Bewohner auf Okinawa verbunden. Es unterstreicht die Bedeutung einer sinnerfüllten Lebensweise, einer starken Gemeinschaft und gesunder Lebensgewohnheiten für ein langes und erfülltes Leben (Longevity).
3. Blue Zone: Nicoya, Costa Rica
Die Nicoya Halbinsel in Costa Rica wurde von Dan Buettner und seinem Team als eine weitere Blue Zone identifiziert. Die Menschen auf der Nicoya Halbinsel haben eine der höchsten Lebenserwartungen der Welt. Viele Bewohner erreichen mühelos ein Alter von über 100 Jahren.
Geographische Lage und Klima:
Die Nicoya Halbinsel liegt an der Pazifikküste von Costa Rica und zeichnet sich durch ein tropisches Klima mit einer ausgeprägten Trocken- und Regenzeit aus. Dieses Klima begünstigt eine reiche Biodiversität und die Verfügbarkeit einer Vielzahl von frischen Lebensmitteln.
Lebensweise und Ernährung:
Zur Ernährung der Bewohner Nicoyas gehören Mais, Bohnen, Reis, Gemüse, Früchte und nur eine geringe Menge an tierischem Protein, hauptsächlich Fisch und Hühnchen. Der zu den Grundnahrungsmitteln gehörende „Chorotega Mais“ ist ein lokales Getreide, das reich an Antioxidantien ist.
Die Bewohner von Nicoya zeichnet eine positive Lebenseinstellung und eine hohe Stressresilienz aus. Viele Menschen sind ihrer Religion eng verbunden. Sie hilft ihnen, einen Sinn im Leben zu finden und die Herausforderungen des Lebens besser zu meistern.
Soziale Strukturen und Gemeinschaftsgefühl:
Ein weiterer Schlüsselfaktor für die Langlebigkeit auf Nicoya ist das starke soziale Netzwerk und das Gefühl der Verbundenheit untereinander. Familien leben oft in engen Gemeinschaften, unterstützen sich gegenseitig und pflegen enge Beziehungen zu Nachbarn und Freunden. Dieses starke soziale Gefüge trägt zu einem geringeren Stressniveau und einer höheren Lebenszufriedenheit bei.
4. Blue Zone: Loma Linda, Kalifornien
Loma Linda in Kalifornien ist eine ganz besondere Blue Zone. Die Stadt ist das Zentrum der Siebenten Tags Adventisten, einer protestantischen Freikirche mit Ursprung in den USA. Ihre Lebensweise basiert auf religiösen Überzeugungen, die einen gesunden und aktiven Lebensstil fördern.
Ernährung:
Ein wesentlicher Aspekt der Langlebigkeit in Loma Linda ist die Ernährung. Die meisten Einwohner ernähren sich vegetarisch mit viel Obst, Gemüse, Vollkornprodukten, Nüssen und Samen. Diese Ernährungsweise ist arm an gesättigten Fetten und reich an Ballaststoffen. Dies mindert das Risiko von Herzkrankheiten, bestimmten Krebsarten und Diabetes. Zudem verzichten die Adventisten auf Alkohol, Tabak und andere schädliche Substanzen.
Physische Aktivität:
Eine weitere wichtige Komponente ist die regelmäßige körperliche Aktivität im Alltag. Dies kann Gartenarbeit, Spaziergänge, Wandern oder andere organisierte Sportaktivitäten umfassen. Die Adventisten betonen die Wichtigkeit der Bewegung als Teil des gesunden Lebens und nutzen den Sabbat (Samstag) oft für Naturausflüge und andere gemeinschaftliche Aktivitäten.
Soziale und spirituelle Gemeinschaft:
Die soziale und spirituelle Gemeinschaft spielt eine zentrale Rolle im Leben der Einwohner von Loma Linda. Die Kirche bietet ein dichtes Netzwerk an sozialer Unterstützung und fördert Werte wie Familie, Freundschaft und Dienst an der Gemeinschaft. Diese sozialen Bindungen tragen zu einem geringeren Stressniveau und höherer Lebenszufriedenheit bei.
Gesundheitsfürsorge und Prävention:
Die Stadt ist auch bekannt für das Loma Linda University Medical Center, ein führendes Krankenhaus und Forschungszentrum, das sich auf Gesundheitsförderung und präventive Medizin spezialisiert hat. Die Einwohner von Loma Linda legen großen Wert auf Prävention und gesundheitsfördernden Maßnahmen, was zu einer gesünderen Bevölkerung und einer höheren Lebenserwartung beiträgt.
5. Blue Zone: Sardinien, Italien
Geographische Lage:
Die Insel Sardinien ist eine der ursprünglichen Blue Zones mit einem hohen Anteil an Hundertjährigen, insbesondere Männern. Die Region, die hier besonders hervorsticht, ist das bergige Hochland von Barbagia mit dem Ort Ogliastra.
Ernährung und Bewegung
Auch hier spielt die Ernährung eine entscheidende Rolle für die Langlebigkeit der Inselbewohner. Sie basiert hauptsächlich auf einer mediterranen Diät mit vielen Vollkornprodukten, Gemüse, Obst Hülsenfrüchten sowie Olivenöl als Hauptfettquelle. Ein wichtiger Bestandteil der Ernährung ist Pecorino, ein lokaler Schafskäse, der reich an Omega-3-Fettsäuren ist, da die Schafe auf den Hochweiden eine Vielzahl an Kräutern mit antioxidativen Eigenschaften fressen. Der moderate Genuss von Rotwein, insbesondere der lokale Cannonau mit einem hohen Anteil an Polyphenolen, trägt ebenfalls zur Herzgesundheit bei.
Viele Einwohner sind in der Landwirtschaft, Schaftzucht oder Fischerei tätig. Diese natürliche Integration von Bewegung in den Alltag, kombiniert mit einer ruhigen Lebensweise und engen sozialen Bindungen, reduziert Stress und fördert gesundes Altern (Longevity).
Soziale Bindungen und Familienstruktur
Die starken sozialen Bindungen und das Gemeinschaftsgefühl auf Sardinien sind hier zentrale Aspekte der Kultur. Familienzusammenhalt und Respekt vor den Älteren sind tief in der sardischen Gesellschaft verankert. Ältere Menschen leben oft mit ihrer Familie oder in enger Gemeinschaft mit Freunden und Verwandten.
Geistige Gesundheit und Wohlbefinden
Das mentale Wohlbefinden der Menschen auf Sardinien wird durch die enge Verbindung zur Natur, zu Traditionen und tiefen sozialen Bindungen unterstützt.
Warum werden die Menschen in den Blue Zones besonders alt?
Die Forschung zu den Blue Zones konzentriert sich auf die gemeinsamen Merkmale und Gewohnheiten, die zu einem erfüllten und gesunden Altern (Longevity) in diesen Gebieten beitragen. Dazu gehören
- eine überwiegend pflanzliche Ernährung
- regelmäßige körperliche Aktivität
- starke soziale Bindungen
- ein ausprägtes Gemeinschaftsgefühl sowie
- ein sinnerfülltes Leben.
Diese Faktoren, kombiniert mit genetischen, umweltbedingten und lebensstilbezogenen Aspekten, scheinen eine Schlüsselrolle in der außergewöhnlichen Gesundheit und Lebensdauer (Longevity) der Bewohner dieser Regionen zu spielen.
Wie können alle Menschen von diesen Erkenntnissen profitieren?
Blue Zones haben weltweit Aufmerksamkeit erregt, nicht nur in wissenschaftlichen Kreisen, sondern auch bei Menschen, die nach Wegen suchen, ihre Lebensqualität zu verbessern und ihre Lebensspanne zu verlängern. Die Forschungsergebnisse aus den Blue Zones bieten wichtige Erkenntnisse für die Bedeutung von Ernährung, Bewegung, sozialen Beziehungen und einer positiven Lebenseinstellung. Die Menschen in den Blue Zones inspirieren zu einem ganzheitlichen Blick auf die Gesundheit, der über die reine Prävention von Krankheiten hinausgeht und ein aktives und gesundes Altern in den Mittelpunkt stellt.